In den vergangenen Wochen ist mir des Öfteren mal wieder ein besonderes Gedicht zum Thema Selbstfürsorge begegnet. Ein Gedicht, das ich eigentlich schon lange kenne, aus dem ich aber immer wieder neu lernen kann.
Meist berühren einen ja die Dinge, die man gerade besonders gebrauchen könnte bzw. die einem bei sich selbst in diesem Moment besonders defizitär erscheinen …
Und da das Gedicht gerade so gut passt und ich einige Entscheidungen getroffen habe, um meine „Schale“ wieder zu füllen, möchte ich es hier (auch als kleine Erinnerung an mich selbst 🙂 ) niederschreiben. Vielleicht kennt es der ein oder andere ja noch nicht. Oder vielleicht ist es für dich – genau wie für mich – eine gute Erinnerung, die MOMENTAN richtigen Prioritäten zu setzen.
„Die Schale der Liebe“ von Bernhard von Clairvaux
Wenn du vernünftig bist, erweise dich als Schale und nicht als Kanal,
der fast gleichzeitig empfängt und weitergibt,
während jene wartet, bis sie gefüllt ist.
Auf diese Weise gibt sie das, was bei ihr überfließt, ohne eigenen Schaden weiter.
Lerne auch du, nur aus der Fülle auszugießen und habe nicht den Wunsch, freigiebiger zu sein als Gott.
Die Schale ahmt die Quelle nach. Erst wenn sie mit Wasser gesättigt ist, strömt sie zum Fluss, wird sie zur See.
Du tue das Gleiche! Zuerst anfüllen und dann ausgießen.
Die gütige und kluge Liebe ist gewohnt überzuströmen, nicht auszuströmen.
Ich möchte nicht reich werden, wenn du dabei leer wirst.
Wenn du nämlich mit dir selbst schlecht umgehst, wem bist du dann gut?
Wenn du kannst, hilf mir aus deiner Fülle, wenn nicht, schone dich.
(Bernhard von Clairvaux)
Warum Selbstfürsorge kein Egoismus ist
Ich finde das Gedicht ist eine schöne Erinnerung daran, dass Selbstfürsorge kein Egoismus ist, sondern eine langfristige Investition in sich und damit andere.
Besonders wenn man beruflich viel in Kontakt mit Menschen steht und eine gewisse Fürsorgepflicht hat, erscheint es mir besonders wichtig, immer wieder auf seine eigene Energie (oder eben „Schale“) zu achten. Im Privaten gilt das natürlich ebenso.
Mir persönlich fällt es immer schwer, mich mal eine Zeit lang aus allem rauszuziehen, wenn ich nicht gerade auf Reisen bin (da fällt es einem durch die räumliche Trennung und den Abstand ja meist leichter). Privat denke ich schnell, dass es egoistisch sei, mal keine präsente Freundin, Zuhörerin, Tochter, Schwester, usw. zu sein. Und auch beruflich steht mir mein Anspruch an mich beim Kürzertreten öfters im Weg.
Wenn ich mir aber klar mache, dass es langfristig sogar für alle Beteiligten besser ist, sich mal eine Zeit lang zurückzuziehen, dann gelingt es mir etwas besser. Sobald die eigene „Schale“ dann wieder befüllt ist, kann man meist auch wieder aus vollem Herzen ehrlich und authentisch geben. Und manchmal dauert das Befüllen eben länger …
Ein paar Fragen zum Nachdenken
- Was / wer füllt deine „Schale“?
- Fällt es dir leicht, dich selbst zu versorgen oder plagt dich schnell ein schlechtes Gewissen?
- Was würdest du dir selbst raten, wenn du deine gute Freundin wärst?
Mir persönlich hilft es tatsächlich oft, wenn ich mir vorstelle, dass eine Freundin in meiner Situation wäre. Meist ist man mit sich selbst ja sehr viel strenger als mit anderen. Und da ich anderen gegenüber meist viel wohlwollendere Gedanken habe, als mir selbst gegenüber, fällt mir meist auf, wie irrational das eigentlich ist …
Bei mir heißt es daher weiterhin kürzer treten. Beruflich und privat. Einige Weichen habe ich bereits dafür gestellt … Es bleibt sich in Geduld zu üben und eine Zeit lang wirklich nur das zu tun, was eben gerade geht.
Bleib gesund
2 Kommentare
Ich merke auch oft, dass man selbst aus beruflichen Gründen manchmal einfach „dahinvegitiert“ und viele Dinge nicht bewusst passieren. Ich glaube auch, dass es nichts wichtigeres gibt als sich einmal zurückzuziehen und seinen inneren Frieden quasi zu finden. Super Artikel und mega inspirierend.
Selbstfürsorge ist tatsächlich in der heutigen Zeit, in der ein BurnOut fast eine Auszeichnung ist, ein wichtiges Thema. Oft merkt man das aber selber erst, wenn es zu spät ist…