Streben nach Perfektionismus
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Perfektionismus – Wie gesund ist das Streben nach Vollkommenheit?

17. September 2016 – von

Achtung: Dies wird kein perfekter Blogbeitrag 😉 Zumindest bemühe ich mich darum, ihn nicht „perfekt“ machen zu wollen …

In diesem Beitrag widme ich mich einem meiner Lieblingsthemen, welches mich schon sehr lange beschäftigt: dem Perfektionismus.

Warum? Weil ich selbst häufig unter meiner Liebe zum Detail, meiner Gründlichkeit und der daraus resultierenden Zeitproblematik leide. Und ich kenne mittlerweile einige – komischerweise hauptsächlich Frauen – denen es genauso geht.

Was versteht man überhaupt unter Perfektionismus?

Zunächst einmal möchte ich ein paar Worte darüber verlieren, was Perfektionismus überhaupt ist.

Der Duden definiert Perfektionismus als „übertriebenes Streben nach Perfektion“.

Besonders positiv klingt das schon mal nicht …

Wikipedia differenziert etwas genauer und beschreibt Perfektionismus als ein psychologisches Konstrukt mit zwei Dimensionen:

1. Streben nach Vollkommenheit (perfektionistisches Streben)
2. Übertriebene Fehlervermeidung (perfektionistische Besorgnis)

Ersteres klingt ja vielleicht noch ganz nett. Hohe Ansprüche an sich zu stellen, ehrgeizig zu sein und sich entsprechend gut zu organisieren ist ja per se nichts Schlechtes oder Ungesundes, solange diese intrinsisch motiviert sind, d.h. aus sich selbst heraus kommen. Hier könnte man vielleicht von einem eher funktionalen und „gesundem Perfektionismus“ sprechen oder besser noch von Gewissenhaftigkeit?

Übertriebene Fehlervermeidung klingt schon etwas ungemütlicher. Hier steht mehr die Angst im Vordergrund. Angst vor eigenen Fehlern und Angst vor der Bewertung anderer. Das Perfektionismusstreben ist eher extrinsisch motiviert, d.h. von außen her angeregt. Hier wird es schon etwas kritischer und man könnte vielleicht von einem dysfunktionalen oder „ungesunden Perfektionismus“ sprechen.

Was macht einen Perfektionisten aus?

Als Perfektionisten können Personen bezeichnet werden, die extrem hohe Ansprüche an das eigene Handeln stellen, Angst haben Fehler zu machen, an ihren eigenen Handlungen zweifeln und ihre Selbstbewertung daran festmachen, wie sehr sie ihre eigenen Standards erfüllen. D.h. ihr Selbstwert ist gewissermaßen erfolgsabhängig. Häufig richten diese ihren sehr hohen Anspruch nicht nur an sich selbst, sondern auch an andere. Für das Umfeld kann das Leben mit einem Perfektionisten daher durchaus anstrengend werden …

Auf die Arbeit bezogen werden Perfektionisten oft mit ihren Aufgaben in der eingeplanten Zeit nicht fertig und machen viele Überstunden. Zeitmanagement ist häufig nicht ihre Stärke. Aber auch im privaten Bereich wie beispielsweise im Haushalt, im Sport und bei nebensächlichen Tätigkeiten kann sich der Drang zum Perfektionismus fortsetzen.

Ab wann ist es ein Zuviel des Guten?

Grundsätzlich klingt das eifrige Streben nach Vollkommenheit nicht direkt wie ein Problem. Ist es auch nicht. Manche Menschen sind eben sehr ehrgeizig in dem, was sie tun und haben Spaß daran, ihre eigenen hohen Maßstäbe zu erfüllen. Auch Stress ist nicht per se gesundheitsschädlich, sondern kann in Form von positivem Stress (sog. Eustress) sogar die persönliche Entwicklung und Leistungsfähigkeit fördern.

Problematisch wird Perfektionismus erst, wenn ein Zuviel des Guten Leiden verursacht, zu Dauerstress aufgrund der gefühlt immer mangelnden Zeit, bis hin zur völligen Erschöpfung führt.

Klinisch relevant wird Perfektionismus laut Spitzer, wenn „zu solch ehrgeizigen Maßstäben die hartnäckiger Verweigerung hinzukommt, unter bestimmten Umständen auch einmal eine nicht perfekte Ausführung einer Aufgabe zu akzeptieren, und wenn das Verfehlen der eigenen Ambitionen zu einer umfassenden Selbstabwertung führt.“

Aber so weit wollen wir hier heute mal nicht gehen …

Warum ich versuche an meinem Perfektionismus zu arbeiten

Früher hätte ich – vielleicht sogar heimlich etwas stolz – gesagt „ich bin Perfektionist“. Sicher hat mein Perfektionismus in manchen Lebenslagen auch zum Erreichen von Zielen beigetragen, dennoch sehe ich heute auch viele negative Seiten des Strebens nach Vollkommenheit.

Häufig neige ich dazu, mir zu viel vorzunehmen und die mir zur Verfügung stehende Zeit zu überschätzen. Meine (freundlich ausgedrückt) Liebe zum Detail, meine Gewissenhaftigkeit und mein Streben nach Perfektion führen dann dazu, dass ich für vieles zu lange brauche und – wenn möglich – die Termine nach hinten verschiebe. Das kann dann durchaus auch mal zu unangenehmen Stress führen …

Meist bewege ich mich zu lange in der Planungsphase, in der ich mich am liebsten auf alle Eventualitäten vorbereiten möchte. Sich so viele Gedanken um alles zu machen, kann sehr anstrengend sein. Manchmal sicher auch für das eigene Umfeld.

Auch bei der Erstellung dieses Blogs stand mir mein Perfektionismus anfangs ordentlich im Weg. Die Idee diesen Blog zu betreiben steht schon sehr lange. Mit der Umsetzung begonnen habe ich vor ca. einem Jahr. Bereits im vergangenen Winter war mein Logo fertig, vor Ostern dieses Jahres waren die Visitenkarten gedruckt. Der Bloglaunch wurde aber immer weiter nach hinten verschoben.

Na gut, wie du vielleicht weißt, habe ich mit meinem Studium und meiner Ausbildung auch noch ein paar andere Dinge um die Ohren, aber trotzdem bin ich anfangs etwas zu perfektionistisch und selbstkritisch an die Sache rangegangen: Was denken andere darüber? Weiß ich genug? Interessiert sich überhaupt jemand dafür?

Aber ich will ja an mir arbeiten. Loslassen!

Yoga hilft mir dabei unheimlich. Einfach mal loslegen, ausprobieren, Fehler machen, aufstehen, neu probieren. Was kann schon passieren? Im Zweifel kann ich nur daraus lernen.

Und so hab ich dann jetzt einfach irgendwann losgelegt. Wohlwissend, dass ich (aus meiner Perspektive) noch viel mehr hätte machen können. 1.000 Ideen, die noch in meinem Kopf schwirrten, habe ich einfach mal etwas beiseitegeschoben und losgelegt. Tolles Gefühl …

Hab ein bisschen Nachsicht mit dir selbst

Ich habe einen hohen Anspruch an mich selbst und daran will ich auch per se nichts ändern. Trotzdem habe ich für mich erkannt, dass ein bisschen Nachsicht mit sich selbst sehr gut tun kann.

Man muss nicht immer auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Man kann sich auch einfach mal auf seine Intuition verlassen, mal einen Fehler machen und sich weniger kritisch beurteilen. Es passiert ja nichts.

Im Gegenteil, je mehr man sich um Perfektion bemüht, desto mehr kann man sich auch von seinem Selbst entfernen, von dem was uns wirklich ausmacht. Je perfekter wir versuchen zu sein, umso schwieriger wird es, sich selbst Anerkennung zu schenken und sich auch anerkannt zu fühlen. Das Gefühl der Anerkennung stellt sich erst dann ein, wenn man akzeptiert, wie man ist. Unperfekt …

Und wenn wir es mal umdrehen und die Perspektive wechseln, dann kann darin auch eine Chance liegen.

Denn Ungewissheit bedeutet, dass ALLES möglich ist.

Das soll jetzt nicht heißen, dass einem auf einmal alles s***** egal werden soll, aber ein bisschen mehr Pareto-Prinzip schadet sicherlich nicht …

Bleib gesund

Louisa

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